Ein Blog zum Thema Malerei und meinen Motorradreisen.

(Meine Bilder findet Ihr am Ende der Seite)

Südfrankreich 2016

Von wegen gut geplanter Abenteuerurlaub...

Wenn ich eine Motorradtour mache, dann ist Monate im Voraus alles akribisch geplant, mehrfach durchdacht und verbessert, das Gepäck Wochen vorher berechnet und 14 Tage vorher gepackt, sowie mehrfach probegefahren. Nur hat es mich leider letztes Jahr immens gefrustet, meine Norwegentour absagen zu müssen, weil so viele Dinge passiert sind, die unsere Prioritäten verschoben hatten. Daher dachte ich mir, ich mache es diesmal alles ein wenig kurzfristiger. Drei Monate sollten ausreichen, um eine Tour zu planen. Ich überlegte mir also welche Regionen infrage kämen, welche Jahreszeit dafür am geeignetsten ist, reichte Urlaub für Juni ein und legte das Thema zu den Akten, um mich frühestens drei Monate vorher damit zu befassen, ob ich tatsächlich fahre. 
Welche Anreise ich wähle, welche Routen ich erleben möchte, ob ich mir Burgen oder Museen anschaue, an welchem Tag ich wie weit fahre und wo ich mein Lager aufrichte….das alles und die damit entstehende Vorfreude wollte ich erst angehen, sobald ich wüßte, die Tour findet auch wirklich statt. Also wartete ich mit der Planung… und wartete…und wartete…und es wurde immer unwahrscheinlicher, weil vieles dazwischen kam, das uns viel Energie gekostet hat und noch kostet. So wechselte mein Gefühl quasi wöchentlich von „Vielleicht ist es noch zu schaffen.“ zu „Nein, das kannst Du Dir jetzt einfach im Leben nicht erlauben“. Der Chaoszustand und Arbeitsberg wurde immer unübersichtlicher, wodurch letzterer Gedanke immer mehr überwog. Doch irgendwann war ein Punkt erreicht, wo Michael und ich häufig dachten, es ist zwar nicht mehr zu schaffen, eine Tour wie damals nach Norwegen zu unternehmen, aber ich muss dringend hier weg und Urlaub machen, um vielleicht annähernd genug Kraft für das anstehende schwierige Jahr (oder auch zwei) zu tanken.  
Eine Nass-Kalt-Sturm-Tour durch Nordnorwegen war bei meinem derzeitigen Energiestand nicht drin. Doch noch eine Woche vor meinem geplanten Urlaubsbeginn, hatte ich nicht einmal Zeit gefunden, um mir zu überlegen wo ich wirklich hin konnte oder wollte. Also befasste ich mich mit der einfachsten Lösung – dorthin fahren wo die Jungs 2012 waren und von dort aus weiter planen. Sie waren mit dem Campingplatz sehr zufrieden (wildes Campen ist in Frankreich verboten) und hatten sehr schöne Motorradstrecken in direkter Nähe gefunden. Doch selbst dieser Gedanke war nicht besonders sattelfest. Dennoch entschied ich mich Freitag dafür sicherheitshalber einen Reifen zu bestellen, da mein Hinterer nicht mehr so viel Autobahn plus Bergtouren überstehen würde. Das Wochenende war proppevoll - ich  hatte keine Zeit für eine Probefahrt, machte Montag daher einfach gleich eine etwas abgespeckte große Inspektion bei der BMW und baute den Reifen aus, um ihn schnellstmöglich neu beziehen zu lassen. Doch der Neue wurde erst Mittwoch geliefert und die Werkstatt hatte ihn leider erst Donnerstagnachmittag fertig. Abends hatte ich jedoch eine wichtige Verabredung und so machte ich die erste und unvernünftigerweise einzige Probefahrt Donnerstagabend um 23.00. Und wie soll ich sagen…ohne jemanden hier unnötig zu beunruhigen….es lief nicht alles rund. Um dem Problem noch mehr auf den Grund zu gehen, hätte ich Lärm machen müssen, was in unserer Nachbarschaft nachts wirklich ungünstig ist. Also entschied ich mich um 24.00 ins Bett zu gehen, da ich leise nichts mehr ausrichten konnte. Morgens mußte ich dann wiederum warten bis ich laut sein konnte und statt um 7.00 loszufahren, um früh viel Strecke zu machen, bastelte ich bis 11.00 Uhr an der Maschine und entschied mich dann mit einem ungelösten Problem auf Tour zu gehen.  
Bockig packte ich mein Werkzeug für die kommenden ein, zwei Wochen, zog mich an, während mich Zweifel zerrissen, da ich wußte, es ist keine gute Idee so zu starten – motorradtechnisch, planungstechnisch, emotional und überhaupt – hätte man mich vor vier Jahren gefragt, hätte ich niemals befürwortet eine Tour so anzugehen (in jeglicher Hinsicht!). Wie sagt man so schön? Besondere Situationen, erfordern besondere Maßnahmen.  
Nun denn: Tourstart Freitag 11.45… geplante Ankunftszeit laut Navi 24.00…


Freitag 3. Juni 2016 - Anreise geschafft

Die Anreise war wirklich lange optimal. Stundenlang war es zwar angenehm temperiert, aber stark bewölkt. Solange die Sommerwolken ihren Senf nicht dazu geben wollen, sondern einfach nur stillschweigend verharren, mag ich sie echt sehr. Ihre zuweilen beeindruckenden Gebilde sind wirklich sehr schön anzusehen. Außerdem ermöglichen sie es mir mich so anzuziehen, dass es im Fahrtwind nicht zu kühl wird und ich andererseits nicht bei jedem Tankstopp in Schweiß ausbreche.
Nach etwas mehr als der halben Stecke wollte ich Michael eine WhatsApp schreiben, um ihn etwas zu beruhigen, da am Vormittag allerlei  schief gegangen war und wir wie schon in den vorangegangen Wochen immer wieder dachten: „ Nee, besser alles absagen ….lieber mit dem Auto nach Holland in ein Häuschen“. Dieser Gedanke kam an dem Morgen im Halbstundentakt auf (manchmal auch öfter) und noch als ich auf dem gepackten Motorrad saß und Michael mich verabschiedete, überlegte ich abzusteigen, um mich mit einer Nutellainfusion gefrustet und gescheitert ins Bett zu verkriechen. Letztlich siegte der seit zwei Jahren ungestillte Tourendurst über meine sich zusehends verschlechternde Konstitution  ...ich drehte am Gas und hinterließ einen offensichtlich besorgten Michael. Auf halber Strecke stellte ich das Ziel nochmal neu im Navi ein, wodurch sich die geplante Ankunftszeit auf 21:00 Uhr statt 24:00 veränderte. Das verlieh mir die nötige Zuversicht, um ihm glaubhaft sagen zu können, er müsse sich wirklich keine Sorgen mehr machen, ob ich heute gut ankäme. Doch obwohl ich es nach den letzten zwei Touren hätte besser wissen müssen, war ich genervt und überrascht als mein Handy im Ausland den Dienst versagte. Beim nächsten Tankstopp fand ich einen Telefonautomaten und erledigte das Ganze im 90erJahreStil.
Nichtsdestotrotz mußte ich auf Zeit fahren. Ich konnte nicht damit rechnen über die restliche Stecke freie Fahrt zu haben. Ich war ungünstigerweise erst am späten Vormittag losgefahren und bereits auf der schon gefahrenen Strecke gab es viel Verkehr und viele Baustellen…dabei lagen noch ein paar Ballungspunkte  vor mir. Von dem Campingplatz  den ich ansteuerte wußte ich aber, die Schranken würden um 22:00 schließen. Und ohne Keycard durch den zeitigen CheckIn, käme ich vermutlich nicht rein. Und wild zu campen ist in Frankreich nicht. Also müsste ich auf jeden Fall vor 22:00 ankommen. Doch wie das so ist, wenn alles so schief läuft, daß jeder einst eingeplante zeitliche Puffer bereits verbraucht ist, bevor man losfährt: Man kommt natürlich einen Hauch zu spät. Glücklicherweise sind die Schranken vor Ort motorradfreundlich. So bin ich also daran vorbei, einmal so leise wie möglich (sorry, Einzylinder halt) zu dem Platz von dem ich wußte, er ist das günstigste Angebot, was der Park zu bieten hat und siehe da – er war frei! Ja richtig…ich hatte nicht reserviert. Es ging mir nicht gut genug, um Geld darauf zu setzen, ob und schon gar nicht wann ich ankomme. Ich baute mein Zelt also so um 22:30 und somit im Dunkeln auf…was glaube ich das erste Mal war. Im Norden ist es dann immer noch hell. Aber mein  Zelt ist einfach und logisch konzipiert, wodurch ich mich dagegen entschied die BMW zu diesem Zweck leuchten zu lassen. Nicht so sehr wegen der Batterie – die dürfte nach fast elf Stunden Fahrt wohl fit genug sein – sondern eher wegen der Tiere, die man damit anlockt. Ich hatte der Rezeption einen kurzen Brief schreiben wollen, damit die mich am nächsten Morgen nicht zufällig finden und erbost vom Platz jagen. Zu k.o. um das im Stehen zu machen, hatte ich mich kurzerhand auf den Boden gesetzt (ehemals wohl Rasen, jetzt nur noch ein wenig Unkraut auf viel Lehm und Steinen) und binnen einer Minute krabbelten eine Spinne, ein Käfer, eine Motte und  diverse Ameisen auf mir rum. Für Menschen mit Mädchenvollausstattung ist das hier vielleicht nicht der richtige Ort, alle anderen können sich an einem nahezu perfekten Campingplatz im Grünen erfreuen (später werde ich mehr Details zu dem Campingplatz erläutern). Um zwölf sank ich in meinen Schlafsack, glücklich über die Sonne, die hier während meiner Anreise geschienen haben muss, da es bei weitem nicht so kalt war, wie noch ein hundert Kilometer weiter nördlich.
Auf der Fahrt war ich letzten Endes ordentlich durchgefroren, hatte ich doch mein einziges warmes Oberteil – eine kuschelige, dicke Fleecejacke – nicht wie geplant zu oberst gepackt, damit ich schnell dran komme, da noch Unwetterwarnung auf der Strecke herrschte…sondern sie scheinbar im Esszimmer liegen lassen. Sie war jedoch nicht nur für die Fahrt gedacht, sondern vor allem für kalte Nächte. So hatte ich der Nacht nicht sehr freudig entgegen geblickt, während ich fuhr. Ich würde durchgefroren ankommen, die Duschen vermutlich nicht mehr nutzen können, um mich aufzuwärmen, da man dazu meist spezielle Coins an der Rezeption kaufen muss (die vermutlich schon zu hätte) und in der Nacht wegen der fehlenden Jacke frieren. ABER…Jede Sorge war umsonst – die Duschen sind frei nutzbar, nach dem Zeltaufbau war mir bereits warm und die Nacht gestaltete sich nicht allzu kühl….man muß auch mal Glück haben =)



Samstag 4. Juni 2016 Akklimatisierung

Meine Güte sind die Franzosen Feierbiester! Bis spät in die Nacht laute Musik allerorten… wobei wohl am nervigsten war (nein ist – tagsüber geht das ja so weiter), daß jede Gruppe eine andere Musik laufen läßt und jede laut genug sein möchte, um von der anderen nicht gestört zu werden.
Wie dem auch sei… nachdem ich gestern einen anstrengenden, langen Tag hatte, wollte ich heute auf jeden Fall ausschlafen und hatte mir den Wecker ganz wagemutig auf 10:30 gestellt. Mein schlechtes Gewissen beim Einstellen der Weckzeit im Handy hätte mir schon verraten können, wie gering  meine Aussichten auf Erfolg in diesem Vorhaben sind. Ok, ich habe ausgeschlafen… im Verhältnis zu sonst… bis halb sieben hab ich's geschafft – yeahhh! Zunächst nochmal fast bis sieben mit mir diskutiert doch noch ein wenig zu schlummern, um dann schließlich genervt meinen Tag zu beginnen.
Eigentlich liebe ich es früh aufstehen. Beginnt  man um sechs mit seinem Tag, hat man häufig um zehn schon das Gefühl was geschafft zu haben… und danach hat man noch so viel mehr Zeit, um noch mehr zu schaffen. Zudem bin ich  morgens meiner Meinung nach effizienter, weil die meisten schlafen oder arbeiten und keine Zeit haben mich abzulenken. Früh aufstehen ist zuhause einfach herrlich, sobald man sich einmal überwunden hat das mummelige Bettchen zu verlassen. Aber hier?! Ich bin fast elf Stunden gefahren, fast nur Autobahn, hatte am Ende so starke Rückenschmerzen, wie zuletzt am Nordkap (man hätte ein Video drehen sollen als ich gestern das Zelt aufgebaut habe – es ist jetzt amtlich: Mit 35 bin ich eine alte Oma) und hier kann ich nicht viel machen. Ich bin zu fertig, um heute Motorrad zu fahren und sollte schlafen…einfach mal bis halb elf schlafen. Aber nöö.
Egal. Ich habe viel zum Lesen mit. Also habe ich den ganzen Tag gelesen. Im Zelt ist es ab maximal halb zehn übrigens nicht mehr auszuhalten vor Hitze. Ein Liegestuhl wäre toll, aber ich will für nichts Geld ausgeben, was ich dann hier lassen muss. Also habe ich einen blauen Sack aufgeschnitten (man sollte immer Müllsäcke verschiedener Größen auf eine Tour mitnehmen), auf dem steinigen Lehmboden platziert, darauf mein Handtuch und tadaaa meine Wellnessoase:

Es war zwar warm, aber weiterhin recht bewölkt. Da habe ich mir den Sonnenschutz gespart und mir die gesamte Front verbrannt. Uuups, morgen dann also doch das fiese Geschmiere.
An der Rezeption war man im Übrigen sehr freundlich und verständnisvoll, als ich morgens erklärte, wie dringend ich in der Nacht einen Schlafplatz gebraucht hatte. Insgesamt muss ich sagen, hier sind alle sehr nett und zuvorkommend, die Sanitäranlagen sind sauber, was in Frankreich keine Selbstverständlichkeit ist und man hat eine eigene, durch Hecken relativ abgetrennte Parzelle (zum Weg hin offen). Am frühen Abend und die Nacht hindurch hat es durchweg geregnet, was toll ist, da ich mich im Zelt doch viel wohler fühle als draußen, mit all den Leuten nebenan. Morgen soll es wieder so heiß werden, daß ich es mir tagsüber im Zelt nicht werde gemütlich machen können. Somit genieße ich die Regenzeit nun in vollen Zügen =).
….und stelle meinen Wecker abermals auf 10:30 …



Sonntag 5. Juni 2016 - Andere Länder, andere Sitten

Ich bin immer noch im Land eines sehr lebensfrohen Volkes. Das soll kein Gemecker sein! Im Urlaub mit den richtigen Freunden ist man nun mal bis in die Nacht laut und ausgelassen. Es ist nur komisch, wenn Leute in Deiner Parzelle ums Zelt schleichen und die Wäsche auf der Leine mehr als genau unter die Lupe nehmen und so Scherze…lustig diese Franzosen…macht man das hier so? Wie dem auch sei, ich bin somit wieder erst spät zu Schlaf gekommen …natürlich auch wieder früh aufgewacht. Um sieben hat der Männerkegelclub von nebenan ohnehin lautstark angefangen zu packen, dann wäre ich eh wach gewesen. Insofern halb so wild. Abgesehen davon ist kurz darauf meine mittlere Zeltstange gebrochen - ohne daß ich dran war oder die Last verändert hätte. Ärgerlich. Auf den Dingern ist so viel Zug, daß man sie nicht sicher mit Klebeband und so flicken kann. Ich habe nur noch eine Ersatzstange. Die ist eigentlich für vorne gedacht und hat somit die falsche Länge – glücklicherweise zu kurz, also kann ich sie trotzdem nehmen. Ich ziehe meine Begeisterung  aus ehemals geschriebenen Posts zurück: Das Bergans 3 ist kein tolles Zelt! Es war jetzt 4 mal in Urlaub, davon einmal nur ein Wochenende und es sind schon vier Stangen kaputt gegangen, obwohl ich schon immer ganz vorsichtig bin und gar nicht so viel spanne wie es im Regen beispielsweise notwendig wäre. Sehr ärgerlich. Nun habe ich für den Rest des Urlaubs keine Ersatzstücke mehr.
Immer noch zu groggy, um mich in den Sattel zu schwingen, verbringe ich den Tag erneut mit Lesen und Pläneschmieden. Nachdem ich mich ja gestern einseitig ordentlich verbrannt hatte, habe ich mich heute schön mit LSF 50 eingeschmiert, mich fast nur im Schatten aufgehalten und außerdem die meiste Zeit auf dem Bauch gelegen. Mit welchem Erfolg? Mein Heck ist jetzt von oben bis unten ebenso verbrannt wie die Front, die ich gar nicht eingecremt und zudem in die wenn auch wolkige Sonne gehalten hatte. Ich sehe aus wie ein Streifenhörnchen – vorne und hinten knallrot, aber die Seiten weiß. Wenn ich damit keinen Trend setze!
Man kann hier täglich Brot und Ähnliches für den nächsten Tag  bestellen, was ich natürlich gestern verpeilt habe. Um so erfreulicher war die Antwort der Shopbesitzerin auf meine Frage, ob sie noch irgendwas da habe, das nicht für jemand anderes bestimmt sei. =) das Croissant war sooo lecker, was vermutlich an der enthaltenen Butter lag, von der es quasi troff…ich glaube da spart man in Deutschland dran.
Nun mal ein paar Einzelheiten zu dem Park hier:
Le Grand Lierne Camping lieg etwas außerhalb von Chabeuil südlich von Lyon.  Es gibt fest installierte geräumige Zelte mit Küchenzeile, Schlafraum und Essecke oder auch verschiedene Größen von Bungalows mit Terrasse.  Zudem Parzellen für das eigene Zelt, wie in meinem Fall. Diese sind ebenfalls sehr geräumig bemessen, so daß manche Gruppen mit vier Zelten eine beziehen. Alle Flächen, ob die der Bungalows oder die der Zelte, sind durch Hecken begrenzt, so hat man einen Hauch von Privatsphäre. Hat man ein Auto, kann man damit die offene Seite zum Weg meist ein wenig  zu parken und so zusätzlich eine Grenze schaffen. Die Zeltabteile haben alle Vor- und Nachteile. Ich habe jetzt eines mit einem kurzen Weg zum Sanitärhäuschen, einem Wasserhahn fünf Meter gegenüber und einer Steckdose direkt an meiner Hecke. Ich hatte zwar an eine Steckdosenleiste als Verlängerung gedacht, nicht aber an einen Campingadapter (sehen aus wie Starkstromstecker – nur kleiner, weil nur drei Pins drin sind) und einen Adapter für die  französische Steckdosenform. Beides wurde mir wieder ganz freundlich und zuvorkommend an der Rezeption zur Verfügung gestellt – kostenfrei wohlgemerkt. In meinem Bereich stehen nur dünnbewachsene Bäume. Steht die Sonne also einmal hoch genug um über die circa mannshohen Hecken zu lugen, heizt mein Zelt sich recht zügig auf. Fahrt Ihr im Winter her, ist die 32 wohl der perfekte Platz um möglichst viel solare Gewinne zu haben, wenn Ihr aufgrund einer Tour oder kalten Nacht durchgefroren seid. Im Sommer halte ich die 31 und 30 und tiefer für optimaler, da die Bäume beinahe zu jeder Tageszeit viel Schatten spenden. Allerdings hat man dafür den Strom nicht direkt bei sich…und wer will auf dem Motorrad schon eine meterlange Verlängerung mitführen. Ich glaube sogar abschließbare Mietkühlschranke nahe der Rezeption gesehen zu haben…also eine fest installierte Anlage, in der man einen Bereich für sich beanspruchen und abschließen kann. Da ich kostenarm urlauben will, spare ich mir den Luxus. Der Park stellt im Übrigen ein offenes WLAN zur Verfügung – Empfang hat man beispielsweise an der Rezeption (dort gibt es auch Sitzgelegenheiten), im Restaurant-/Poolbereich, sowie auf dem Grillplatz an der Sanitäranlage bei meinem Platz (auch dort gibt es Sitzgelegenheiten). Es gibt eine mehrflächige Poolanlage, die ebenso schön sauber erscheint, wie der Rest des Parks. Der Shop hat nur morgens von 9-11 (sonntags von 8-11) und manchmal nachmittags erneut für zwei, drei Stündchen geöffnet. Sie haben alles was man zwingend braucht, um klar zu kommen. Leider nur extrem wenig Gemüse und gar kein Obst…dafür war aber Samstag zum Beispiel eine Marktfrau auf dem Platz und hatte Erdbeeren, Spargel, Tomaten und Kirschen dabei. Für die Grilltiger unter Euch: Es gibt hier zwar Grillzubehör und sogar große Gemeinschaftsgrillvorrichtungen, aber kein gescheites Fleisch zu kaufen. Allerdings ist der nächste Ort laut Karte nicht weit entfernt und an drei Tagen ist sogar Markt in relativer Nähe (circa 20 Minuten laut Navi). Viel besser sind jedoch die wunderbar anmutenden Straßen, die ich auf der Karte quasi nebenan sehe. Morgen möchte ich auf jeden Fall fahren.
Irgendwie reisen gerade alle um mich herum schlagartig ab. Ich hatte geplant mich heute erst sehr viel später ins Bett zu begeben, um mich nicht zu ärgern, wenn ich wegen dem Lärm wieder nicht schlafen kann. Aber gerade sieht es aus, als würde es eine stillere Nacht werden. Also schnell duschen und in die Heia



Montag 6. Juni 2016 – Zwei minus zwei macht null...und null ist wenig :D


Ich fühle mich nicht fit genug zum Fahren, aber es ärgert mich unglaublich meinen Motorradurlaub zu einem puren Campingevent verkommen zu lassen. Also bin ich heute ein paar Stunden gefahren. Zwischendurch stand ich immer wieder vor der Wahl Richtung Heimat abzubiegen oder die Runde noch zu vergrößern.
Es war herrlich: Die harmonischen Kurven, die schmeichelnden Düfte, die bestechend schönen Felder, die wasserdurchzogenen Felsen – einfach nur schön. Ich würde die heutige Route ausnahmslos jedem empfehlen, kann Euch nur leider nicht sagen, wo ich lang gefahren bin. Erstmal nach Osten, dann immer der Nase nach und wenn eine Straßeneinmündung auf Kurven hoffen ließ, bin ich abgebogen. Doch wenn Ihr Euch die Landkarten von hier unten anschaut, werdet Ihr schnell merken, Ihr braucht keine Wegbeschreibung von mir, um tolle Strecken zu finden.







Weil es so schön war und ich nun mal genau dafür hergekommen bin, habe ich mich heute wohl zu oft entschieden die Runde zu erweitern, statt die Grenzen meiner gerade arg begrenzten Konzentration zu respektieren und zurückzufahren. Hier gibt es immer wieder schmale Teerflicken an Stellen wo der Asphalt scheinbar zu große Risse gebildet hat. Meine Reifen sind darauf immer wieder ins Schlingern geraten – ich nehme mal an, wegen der großen Hitze werden die Flicken schmierig oder sie wurden erst gerade frisch gemacht. Unangenehm -  gerade in Kurven, aber nicht dramatisch, wenn man konzentriert genug ist, um das Wegrutschen schnell und präzise zu korrigieren. Hat jedes mal gut funktioniert…doch als ich mich gerade entschlossen hatte, daß ich echt nicht mehr kann und mich auf den einstündigen Heimweg gemacht hatte, habe ich eben nicht ausreichend präzise und schnell reagiert und mich hingelegt. Ich bin nicht sehr verletzt. Jedoch hat mein Motorrad was abbekommen…das gravierendste Detail sind wohl die zwei abgebrochenen Spiegel. Was echt suboptimal ist, da so ein Motorrad ja nun mal halt nur zwei davon besitzt.
Dann eben nicht…nun werde ich morgen also wieder den Langweiler mimen, meiner mangelnden Konzentrationsfähigkeit Tribut zollen und das ein oder andere schrauben dürfen…oder eher tüfteln, denn die Gewinde unten sind kaputt gebrochen. Auf der Rückfahrt habe ich drei MacGyver-Ideen entwickelt – alle eher unelegant und eventuell nicht ganz TÜVtauglich.
Und als ich dann betrübt auf den Platz zurückkehrte und noch niemand von meinem Malheur wußte, bekam ich diese überaus treffende WhatsApp:





Meine grenzenlose Unvollkommenheit
ist echt zum Würgen!




Dienstag 7. Juni 2016 - Ein Hoch auf die Erfindung des Kaltmetalls

Deswegen ist es so angenehm früh aufzustehen: Sowohl mein Zelt als auch mein Mopped sind jetzt quasi wieder startklar und es ist erst 10.00 Uhr.
Aber erstmal auf Anfang:
Es ist gerade herrlich still hier. Nur zwei Familien sind in hörbarer Nähe, leben aber in einem Standzelt und einem Bungalow, wodurch sich die gefühlte Distanz nochmal verbessert. Ich fühle mich tatsächlich entspannt jetzt, da ich tagsüber nur wenigen Leuten begegne (ja, ich weiß….aber sind wir nicht alle ein bißchen Bluna :-p?) und ich mich zudem endlich frei fühle meine Musik zu hören. Jedenfalls wird sich das zum Wochenende drastisch ändern, hatte man mich bereits beim CheckIn gewarnt. Hier sind große Events geplant und Animation bis spät in die Nächte, der Park wird ausgebucht und überfüllt sein. Vielleicht bin ich bis dahin auch schon woanders. Doch so lange ich allein bin, versuche ich jeden Morgen erneut lang zu schlafen. Heute war es nicht meine innere Uhr, die mich aus meinem wegen der Schmerzen ohnehin schon seichten Schlaf riss, sondern ein *kkkrrrrkk* *bling* *zzzschhhh*…na?! Habt Ihr es erkannt? Riiichtiiiisch – wieder eine Zeltstange (diesmal hinten) übern Jordan gegangen – gerissen, aufgebrochen und den Führungstunnel aufgeschlitzt. Um kurz vor fünf fügt sich dieses Geräusch geradezu lieblich in das Vogelgezwitscher ein und schafft durch seine charakteristische Beschaffenheit dennoch eine schöne Abwechslung :D. Ich war wirklich dankbar: Es regnete nicht und es hatte die Nacht auch nicht geregnet. So konnte ich einfach nur die eine Stange zügig entfernen, damit das Zelt nicht noch mehr reißt (die Enden der gebrochenen Teilstücke sind meist recht scharfkantig) und dann in Ruhe überlegen mit welchen Hilfsmittelchen ich eine stabile Lösung basteln könnte, die besser hält als das Original es scheinbar für gewöhnlich tut. Ich bin ein wenig verärgert muß ich sagen. Ich habe mich damals extra für ein teures Zelt mit guten Bewertungen entschieden, um lange daran Freude zu haben. Und nun sind in vier Reisen fünf mal Stangen gebrochen. Verkauft Bergans Einmalzelte oder läßt auf der Aldifabrikationslinie produzieren, um am Ende nur das eigene Label drauf zu nähen? Wie dem auch sei. Ich hatte zwei Ideen, von denen ich bezweifelte, daß sie stabil genug seien, erst recht wenn ich vorhatte nicht hier zu bleiben, sondern das Lager noch an anderen Orten auf- und abzubauen. Ich schaute mir an, was ich für meinen Bastelvormittag zur Verfügung hatte…und schwups….tauchte noch ein verwertbares Teilstück auf, das gestern noch nicht da war. Lustig. Fazit: Zelt steht wieder so instabil wie vorher ;O)
Nachdem das geklärt war schaute ich mir meine Arbeit vom Vortag an. Gestern war meine favorisierte Reperaturidee für die Spiegelproblematik Kaltmetall gewesen. Ich wollte mit dem Reparieren erst am nächsten Morgen beginnen, wenn ich nicht mehr so tödlich angenervt von meinem gestrigen Unvermögen in dieser schönen Kurve wäre. Doch die BMW so ramponiert da stehen zu sehen ließ mir keine Ruhe…das ist als stünde sie dreckig da und keiner putzt sie – das ist zu traurig. Also gestern nach meiner Rückkehr zügig ran an das Kaltmetall. Um nicht gleich alles zu verballern und dann nichts mehr für einen zweiten Versuch zu haben, falls der Erste scheiterte, hatte ich gestern erst mal den einen Spiegel gemacht. Die verbliebenen Teile hatte ich zunächst auseinander gebaut, um mir einen Überblick über deren Zustand zu verschaffen. Zudem wollte ich auch nicht zu viele unnötige Teile mit einbeziehen, da alles was ich jetzt mit Kaltmetall dahin zimmere, später ersetzt werden muss …und bei BMW kostet jedes Schräubchen ordentlich Geld. Also alle Teile bearbeitet, den Plan nochmal durchdacht und losgeknetet. Uuups… da sind Bröckchen in der Masse….Ist das normal?... Ich glaube nicht…. Kann Kaltmetall verfallen, auch wenn es richtig gelagert wurde? ….Habe ich es denn ganz sicher richtig gelagert? …Oh je, ob das wirklich aushärtet?…nunja, das Gebilde so drapiert, daß es sich nicht verzieht und dann erstmal die anderen Kleinigkeiten in Ordnung gebracht. Heute morgen dann große Erleichterung zu sehen, wie stabil das Ganze geworden war. Ich hatte mich bei meiner Arbeit sehr bemüht die Teile im exakt passenden Winkel anzubringen, damit der Spiegel am Ende auch in der richtigen Neigung zu meiner Sitzposition stünde. Denn der Teil an dem man das früher hatte einstellen können ist unwiederbringlich geschrottet. Also gibt es nur eine Position in der der Spiegel stehen kann – nämlich wenn die Schraube gut festgezogen ist. Ich hatte mir Markierungen auf den drei zusammenzufügenden Teilen gemacht, mehrfach kontrolliert und erst dann das Kaltmetall an allen Stellen vorsichtig angebracht, denn eine winzige Verschiebung der Teile im unteren Bereich würde eine große Veränderung für den Spiegel am langen Arm bedeuten. Nur zu einem bestimmten Zeitpunkt wird das Zeug ja sehr weich…da sind mir die Teile zueinander dann scheinbar doch minimal verrutscht, so daß der Spiegel nach Anbringen doch nicht optimal positioniert war. Die zu verbauende Unterlegscheibe war für dieses Konstrukt nun um einen Millimeter falsch bemessen. Ich habe leider keine Unterlegscheibe in der passenden Größe da, um das auszugleichen. Aber ich habe Zeltschnur für Notfälle anderer Art (Zelt gegen Sturm sichern, Wäscheleine errichten und ähnliches), die aus Kunststofffäden geflochten ist. Meine Idee war mittels eines Feuerzeugs daraus eine Unterlegscheibe der richtigen Größe und Stärke zu schmelzen. Hat wunderbar geklappt – man darf nur nicht zu lange erhitzen, weil dann schnell kein Material mehr da ist. Also immer ganz kurz Feuer dran und wieder weg bis alles passt. Als ich gestern in der Kurve meine Spiegel gramgebeugten Hauptes einsammelte, hätte ich nicht gedacht, daß die Notlösung, zu der es am Ende kommt, so gut sitzen würde, daß nicht gleich der erste Polizist von Weitem sieht, wie verkehrsunzulässig mein Bike ist. Der zweite Spiegel härtet gerade aus und stellt sich hoffentlich ebenso wenig rebellisch an oder kommt vielleicht sogar ohne Pseudounterlegscheibe aus – ist ja schließlich mein zweites Werk, da dürfte man schon ein wenig bessere Arbeit erwarten :-p
Bevor ich es vergesse, möchte ich noch einen Tipp niederschreiben. Er ist sehr einfach, doch ohne wäre ich vermutlich nicht so gut zurecht gekommen, also möchte ich ihn mit Euch teilen, falls Ihr mal ein ähnliches Problem habt. Mein Handyakku wird generell recht warm, wenn ich es benutze; und tatsächlich heiß, wenn es läd. Daher hatte ich Bedenken wegen der Reise. Ich habe keinerlei Literatur in gedruckter Form mit. Ich lese alles auf meinem Handy, erarbeite Listen und schreibe diesen Blog…das alles bei sommerlichen Temperaturen. Ich bin unfähig mich einfach in die Sonne zu legen und nichts zu tun. Wenn ich also nicht auf dem Motorrad sitze, esse, spüle oder wasche, benutze ich hier mein Handy. Daher hatte ich mir vor der Fahrt zuhause kleine Plastiktüten mit Zippverschluss gekauft (gibt es bei Aldi und dm in verschiedenen Größen). Sobald sich eine zu starke Erhitzung absehen läßt, nehme ich mir ein Tütchen, fülle es mit kaltem Wasser aus dem Hahn, drücke die Luft raus, verschließe es und lege es als Kühlakku unter mein Handy. Wirkt echt schnell. Ihr müsst natürlich darauf achten  keine große Luftblase zwischen Folie und Wasser zu haben, damit das Gerät “direkten“ Kontakt zum kühlen Nass. Bitte bedenkt: Die Tüten sind nicht immer zu 100% dicht und selbst wenn sie es sind, verändern sie sich zuweilen mal durch äußere Umstände und es entsteht ein Riss im Material oder eine Naht geht langsam auf. Überlegt Euch gut wie Ihr was zurecht legt – ich übernehme keine Gewähr für etwaige Wasserschäden :-D
Die Dinger sind natürlich auch praktisch, um angebrochene Lebensmittel vor Tierchen zu schützen, wenn man schon auf die Kühlung verzichtet. Ich hatte mir beispielsweise am Samstag ein Päckchen Speckwürfel und Eier gekauft, um mein mitgebrachtes Essen günstig aufzupeppen. Für die Norwegentouren hatte ich mir vorher jede Menge Pemmikan zubereitet. Das Rezept hört sich ekelig an, aber es schmeckt so herrlich, daß es Suchtpotential birgt. Ich habe es damals fast jeden Tag in verschiedenen Variationen gegessen und bin es nicht satt geworden. Weiterhin ist es sehr nahrhaft und auch ungekühlt nicht schnell unbrauchbar. Dieses Jahr fiel die Vorbereitung ja mehr als mager aus…an Vorkochen wäre gar nicht zu denken gewesen. Meine Lebensmittelliste sieht dementsprechend spärlich aus: Kartoffelpüreepulver, Salz, Müsliriegel, Nüsse, Nutella. Zurück zum Thema Speck – ich hatte mir gedacht dieses Industriezeug ist so stark konserviert, daß ich es locker über ein paar Tage hinweg aufbrauchen kann und so jeden Tag ein wenig mehr als nur  Kartoffelpüree habe. Es wird bei so starker Sonneneinstrahlung in der Apside zwar nicht ganz so heiß wie im Innenzelt, aber doch immerhin so heiß, daß ich bei jedem Ei das ich in den vergangenen Tagen aufschlug gespannt war, ob es noch flüssig rauskommt. Und so war der Speck dank dieser Zipptütchen zwar luftdicht verschlossen und lockte kein Getier an. Doch heute war dann geruchsmäßig ein Punkt erreicht, an dem ich mein Glück nicht ausreizen wollte, indem ich vier Tage alte Eier UND Speck aus diesem speziellen Lagerraum verwendete. Ich weiß Eier müssen auch gar nicht gekühlt gelagert werden und die Erreger sind nur auf dem Äußeren der Schale….nichtsdestotrotz die restlichen paar Speckwürfel liegen nun im Müll – nach einer Lebensmittelvergiftung steht mir gerade nicht der Sinn. Also gab es gebratenes Ei mit Kartoffelpüree und lecker Salz.



Mittwoch 8. Juni 2016 – Noch ein Tag Fahrpause :-(

Nachdem Sonntag die meisten Gäste abgereist waren, begann hier ein heftiges Treiben ganz anderer Art: Allein bis jetzt sind über 20 neue Bungalows nebenan errichtet worden. Die Mannschaft ist seit Tagen mit schwerem Gerät eifrig bei der Arbeit – Bagger, Kipplaster, Tieflader, Planierraupen. Und die Häuschen sehen alle richtig schmuck aus. Freilich ist das Umfeld noch nicht das angenehmste, falls man gleich einziehen wollte – alle stehen auf einem großen Feld aus Lehmboden mit vereinzelten Bäumen und die Begrünung ist vermutlich nicht so schnell erledigt, wie der Aufbau von kleinen Fertighäusern. Doch das Potential ist da, beziehungsweise jetzt noch erweitert – das ist ein wirklich zu empfehlender Ferienpark, wenn man solche Anlagen mag…auch wenn man nicht im Zelt unterwegs ist.
Das zweite Kaltmetallwerkstück ist netterweise tatsächlich besser geworden. Mit der Originalunterlegscheibe passt der Winkel des Spiegels bei angezogener Schraube perfekt. Fahren kann ich heute leider nicht, was ärgerlich ist, da das Wetter perfekt ist. Auf dem Motorrad sind leichte immer wiederkehrende Sommerschauer egal. Hier auf dem Platz dagegen ist es doof – im Zelt ist es zu heiß zum Atmen, da es zu wenig regnet, um abzukühlen ….im Regen draußen auf dem Handtuch zu liegen ist aber auch nicht so das Erlebnis. Was soll's… es gibt schlimmeres …doch als Deutsche muß ich ja immer schön üben auf hohem Niveau zu jammern ;-)


Donnerstag 9. Juni 2016 - Ich muss echt mit dem Lächeln aufhören!

Heute wollte ich nochmal eine kleine Tour machen – Spiegelkonstruktion testen, Genesungsstatus überprüfen, sowie die damit verbundene Konzentrations- und Leistungsfähigkeit für größere Touren, mit denen ich eigentlich die ganze Zeit liebäugele.  Davon abgesehen dachte ich mir ein lauschiges Plätzchen suchen zu können, wo ich mal wirklich mit keinem quatschen muss…das funktioniert auf einem so gut ausgestatteten und beliebten Campingplatz partout nicht. Und zwischenmenschliche Interaktionen sind für mich einfach nur anstrengend, ja bereiten mir geradezu Schmerzen und ich wollte hier doch auftanken. Ja ich weiß, da mir diese bekloppte Problematik bekannt ist, war es unfassbar dämlich, sich auf einem großen öffentlichen Gelände einzunisten…da hatte mein Gehirn wieder mal ne Fehlzündung. Wäre aber auch gar nicht so ins Gewicht gefallen, wenn ich, wie für eine Motorradtour üblich, jeden Tag viele Stunden alleine auf meinem Maschinchen verbracht hätte.  Nunja, daher bin ich heute losgefahren, um ein einsames Örtchen zu finden, wollte kurz nach Abfahrt einen Spiegel noch ein wenig nachjustieren,  habe dabei vergessen, daß er ja nur an Kaltmetall hält und…krackkkk, wieder ab. Also bin ich so ein wenig durch die Landschaft, habe hier und dort angehalten, weil ich offensichtlich immer noch nicht fit genug bin und kleine Unterbrechungen außerdem genutzt habe, um Kirschen zu kaufen und Kaltmetall zu suchen. Doch die Chance hier in irgendeinem Laden Kaltmetall zu finden, ist scheinbar so groß, wie in meinem heimischen Blumenbeet auf Seltene Erden zu stoßen. Daher habe ich den einen Spiegel nun mit Tüftelidee Nummer zwei angebracht. Zweckmäßig jedoch noch ebenso formschön wie der Andere….aber was ist an einer xCountry auch schon formschön…insofern…
Letztlich habe ich mich an einem Fluss niedergelassen, der mir verlassen genug schien, meine Kirschen gegessen und über mögliche Routen nachgedacht. Doch auch wenn mein Blog vermuten läßt, daß ich einer der grantigsten Misanthropen des Planeten bin, so bin ich doch stets darauf bedacht jedem Menschen freundlich, hilfsbereit und gastfreundlich zu begegnen ( :-o glaube ich zumindest). Wenn also jemand an mir vorbei geht, dann grüße ich höflich…das macht man so, finde ich…damit sollte jetzt Schluss sein! Ich sage nur beiläufig “Bonjour.“ oder nicke freundlich und die Leute drängen mir ein Gespräch auf, währenddem sie mir zuweilen so nah kommen, daß ich den Kopf zurückziehen muss, um die feuchte Aussprache nicht in meinem Gesicht landen zu lassen.
So, Kirschen sind alle, der heutige Eintrag ist verfasst, ich fahr jetzt wieder zurück.



Freitag 10. Juni 2016 - So muss das laufen

„Erst kein Glück und dann noch Pech dabei“ war ja bis jetzt das Motto dieser Reise, da hier noch mehr dumm gelaufen ist, als ich in meinem Optimistenblog schreiben möchte. Daher war ich heute soweit meine Rückreise in betracht zu ziehen. Ich mache so eine Reise, um Kraft zu tanken. Entweder indem ich ein Abenteuer bewältige und mit der Genugtuung aus der Sache rausgehe, über mich hinausgewachsen zu sein. Oder, was hier eigentlich geplant war, einfach nur um Motorrad zu fahren und dadurch ausreichend Endorphine für Entspannung auszuschütten.  Nun habe ich hier aber weder das eine noch das andere umsetzen können, sondern relativ viel Zeit auf dem Campingplatz rumgehangen. Den halben Tag oder mehr zu lesen ist für mich nicht entspannend… ich habe dann nicht das Gefühl was erreicht oder geleistet zu haben. Das macht mich dann wiederum so sickig, daß mein Puls ständig auf >130 läuft – da fällt der Entspannungsfaktor Richtung Keller. Also habe ich mir einen letzten Anlauf gegeben, um zu sehen, ob das mit dem Kurvengenuß nicht vielleicht doch noch irgendwie drin ist, und danach zu entscheiden, ob ich heimfahre/mich abholen lasse oder das hier noch Sinn macht. Und siehe da: Wer bin ich denn, daß ich meinen Motorradurlaub von so Nebensächlichkeiten wie intakten Bremsen, Spiegeln oder Gesundheit abhängig mache?! Zähne zusammen gebissen und in die Berge. Und auf einmal ist alles wieder im Fluß.
Nunja, vielleicht nicht auf einmal. Kennt Ihr das? Ihr fliegt aus einer Kurve und obwohl Ihr schon hunderte Kurven souverän hinter Euch gebracht habt, die Euer Vertrauen zu einem guten Fundament haben werden lassen, macht diese eine misslungene Kurve das gesamte Vertrauen, das Ihr hegtet – in die eigene Fahrerfahrung, Eure Reifen, den Bodenbelag, die Maschine  - kurzzeitig zunichte. Ich mußte heute rund dreißig Kurven lang meinen inneren Schweinehund rigoros ignorieren, der selbst bei angemessenem Tempo  in jeder Kurve meinte kreischen zu müssen. Man muss sich ganz deutlich machen, was man kann und  dementsprechend fahren, unabhängig von was-könnte-alles-zerkratzen-Gedanken, die einen nur anfälliger für Fehler machen. Oder wie es in einem Liedtext irgendwo heißt: „Have you ever looked fear in the face and said: „I just don’t care!“?“ Nun gut, hier geht es auch nicht um große Ängste, eher um ein starkes Unwohlsein in der Magengrube. Mein Schweinehund hat jedenfalls  irgendwann verstanden, wer im Recht ist, womit der Rest der Tour zum Dahinschmelzen war. Ich liiiieeeebe Kurven! Auch dort wo ich heute gefahren bin, braucht man keine gute Nase, um schöne Routen auf der Karte zu sehen. Sicherheitshalber, damit Ihr auch in den gleichen Genuß kommt wie ich, sind hier die Dörfchen vom Filetstück meines Tages: St. Peray – Alboussiere – Lamastre. In Lamastre habe ich in einem Eisdielen-IrishPub-Bistro (L’Arms Park) Halt gemacht. Ich habe mir zwei Kugeln Eis bestellt und die überaus motorradfreundliche Dame hat mir ungefragt ein kostenloses Glas erfrischendes Wasser dazu kredenzt. Dazu gab es nette Musik und die Wahl von draußen oder drinnen auf das so bezaubernde Dörfchen zu blicken. Kleine Gässchen, winzige, lustig verwinkelte Lädchen mit liebevoll gestalteten Dingen. Sowie einer Tankstelle, sobald man hinten rum den Parkplatz nach rechts verläßt.
Für ganz blutige Fahranfänger: Ein paar hundert Meter der Strecke, sind baufällig. Es bestehen quasi nur noch zwei halbe Asphaltspuren – die Seiten sind nur Schotter und kaputter Asphalt. Doch die verbleibende Fahrbahn ist mehr als ausreichend, um auch da zügig durchzukommen, ohne eine große Herausforderung meistern zu müssen. Der Rest des Weges ist astrein.



Samstag 11. Juni 2016 – Kuuurvvven =)

Ich bin heute in die gleiche Richtung gefahren wie gestern, habe mir aber andere Straßen gesucht. Wieder wunderschön, egal wo man dort lang fährt. Bei den großen Straßen muß man nicht mal viel Können an den Tag legen. Sie sind doppelspurig, gut asphaltiert und man muß nie wirklich befürchten hinter einem Felsen, um den sich die Kurve schlängelt, ein Auto oder LKW auf der falschen Spur zu finden. Einzig einem Motorradfahrer musste ich heute ausweichen, da er in einer der wenigen schlecht einsehbaren Kurven auf meiner Spur andere Moppeds überholte. In manchen Motorradgebieten ist das bei weitem nicht so locker drin. Hier sieht man Landschaften die so bezaubernd riechen, wie sie gemalt sind. Sobald ich auf dem Motorrad sitze schaltet meine Nase den Turbo ein. Ich freue mich wie ein kleines Kind über jeden neuen Duft der verschiedenen Wiesen und Felder, Gärten und Hecken, Bäume und Tiere …wobei alles in einem harmonischen Sog aneinandergereihter Kurven verschmilzt. Traumhaft! Selbst auf der Autobahn hatte ich ein paar Genüsse dieser Art – in Pierre Benite roch es so stark nach Vanillin, als würde ich geradewegs durch einer Zuckerwattefabrik fahren und in Dijon riecht man den herrlich frischen Senf.

An diesem Wochenende wird hier in der Anlage ein großes Fest gefeiert - mit Umzugswagen durch den Park, Artisten, Grillchefs, viel Musik und soviel Glitzerflitter, daß man den Boden nicht mehr sieht. Um WLAN zu nutzen war ich zu dem öffentlichen Platz der Campinganlage gegangen und hatte mich an eine leere Tafel gesetzt, derer hier für das Event schon viele aufgebaut sind. Und als ich so an meinem Blogeintrag für heute schrieb, fragte ein Pärchen, wieviel Plätze ich besetzen würde, da sie sich und Ihren Freunden auch was suchen wollten. Da mußte ich wieder feststellen: Meine Herrn, was ist die Damenwelt empfindlich! Nachdem die Platzfrage geklärt war, hatten sie gemerkt wie schlecht mein Französisch ist. Der Mann wollte höflich sein und begann Smalltalk auf Englisch worauf sie augenblicklich – ich kann das Gesicht gar nicht passend beschreiben – Ihre Mißgunst durch Tonfall, Körpersprache und eben Mimik mehr als deutlich machte…wegen sehr kurzem, höflichem Smalltalk! Man kann es auch übertreiben, Mädels. Hatte ich mich keine fünf Minuten zuvor noch mit dem Gedanken getragen, den Abend hier zu verbringen, da es aussah als würde eine Liveband den späteren Abend gestalten und es die Chance auf Grillfleisch gab, so brachte ich jetzt das Gespräch freundlich aber schnell zu Ende, wünschte beiden einen schönen Abend und verzog mich. Allerdings trauere ich jetzt dem Fleisch nach… mmm…vielleicht geh ich mir doch noch was holen :D.



Sonntag 12. Juni 2016 – Die Gegend ist zu beliebt

Die Straßen sind total überfüllt. Die schönen Strecken bestehen dann nicht mehr aus sich aneinander reihenden Kurven, sondern aus unzähligen Überholmanövern. Das macht keinen Spaß. Ich fahre lieber morgen früh ganz frei, sobald die Inländer wieder arbeiten müssen.



Montag 13. Juni 2016 – Heute mal ganz viel Waldkurven

Gestern hatte ich mir die Wetterprognose für heute angesehen und darauf hin um vier Uhr in der Früh aufstehen wollen. Für Montagnachmittag gab es eine Unwetterwarnung, da ein starkes Gewitter aufziehen sollte. Um auf Nummer sicher zu gehen, vorher noch eine schöne Fahrt zu haben und darüber hinaus etwaigem Berufsverkehr zu entgehen, hielt ich eine Startzeit von vor fünf Uhr für optimal. Doch als ich um vier in der Früh zum Zeltdach schaute war klar die Meteorologen hatten sich verschätzt – der Regen war früher in Chabeuil angekommen. Auch egal… dann ist es vermutlich zur Mittagszeit wieder aufgeklart und ich fahre später am Tage. So freute ich mich auf einen angenehm kühlen Vormittag in meinem kuscheligen Schlafsack. Doch um acht wandelte sich der Regenguss in ein leichtes Tröpfeln und ich ergriff meine Chance. Ich packte mich schnell ein und trauerte wieder meiner zuhause vergessen Fleecejacke nach, da ich heute ins schattige Gebirge wollte und das Klima schon hier unten deutlich kühler geworden war, da es viele Stunden geregnet hatte. Meine warmen Handschuhe hatte ich zwar für Tage wie diese eingepackt, vergaß sie heute aber gegen die Dünnen zu tauschen. Mein erstes Ziel war die Route auf der ich den Unfall hatte. Ich ärgerte mich immer noch über diesen Tag und seine Konsequenzen. Also wollte ich nochmal in dieses Areal, wo die Straßen von jenen dünnen Teerstreifen übersät sind, um zu üben wie man so eine Strecke fährt, ohne sich lang zu legen. Abgesehen davon hatte ich an der Unfallstelle oder kurz danach wohl meinen 2-Liter-Reservekanister verloren. Was sehr ärgerlich ist, da ich ihn speziell so umgebastelt habe, daß er keinen Platz IM Gepäck wegnimmt (und dort alles vollstinkt), sondern sicher am Motorrad befestigt werden kann. Naja… sicher, solange man damit nicht gegen Felswände fährt :-D. Ich habe ihn leider nicht wiedergefunden… ist auch zu lange her, als daß ich echte Hoffnung gehabt hätte. Was den Bodenbelag angeht: Es gab nichts zu üben. Sie waren am dem Tag des Malheurs scheinbar wirklich frisch gemacht oder wegen der langanhaltende Hitze so rutschig. Heute zuckte die BMW selbst in Kurvenlage nicht mal mit der Wimper an diesen Stellen. Ich war Montag nur zur falschen Zeit am falschen Ort, noch dazu mangelte es mir diesbezüglich wohl an Erfahrung. Als das Thema somit abgehandelt war, ging es für mich weiter hinein in das Umfeld des Naturschutzgebiets Parc du Vercors. Zunächst war es ein seichtes Dahingleiten auf mäßig geschwungenen, solide aspahaltierten Straßen. Später wurden die Kurven auch mal enger und rückten näher zusammen, wechselten sich dann ab mit Spitzkehren und abermals weitgeschwungenen Bögen. Es entstand eine angenehme Balance sowohl fahrtechnisch als auch landschaftlich. Meine Route führte mich heute unter anderem an folgende Örtchen: Léoncel, Auberge de Pionier, Lente, La Chapelle en Vercors, Coranche und über viele große Umwege dazwischen, wo es kilometerlang kein Dörfchen gibt, das ich Euch nennen könnte. Natur pur – vom Zelt aus über Peyrus ist man ganz schnell im richtigen Gebiet, ohne erst Stadtverkehr hinter sich lassen zu müssen. Auch wenn ich andersrum begonnen habe, da ich ja erst die Strecken rund um den Unfallort nochmal fahren wollte.
Aufgefallen sind mir zwei kleine Herbergen, falls Ihr nach etwas anderem sucht als einem Campingplatz. Die erste fand sich nachdem ich lange durch einen herrlichen Wald gefahren war, gleich im ersten Dorf. Die Route war danach ähnlich schön, wenn auch anspruchsloser was die Fahrkünste angeht. Dabei wechselte das Panorama von nebeligem Wald zu weiten Wiesen und Feldern, gesäumt vom allzeit lächelndem Klatschmohn. Diese Pension (Auberge du Léoncel) hat drei in meinen Augen bestechende Details: An der Front hängt ein hölzerner Motorradhelm, was sicherstellt, daß unsereiner willkommen ist. Es liegt inmitten der schönsten Streckengebiete, die ich hier gesehen habe. UND: Nebenan stehen zwei Eselchen auf der Wiese!!! Esel gehören meiner Meinung nach zu den entzückendsten und unterschätztesten Wesen auf unserem Planeten. Einfach zucker diese Viecher! Mache ich nochmal eine Südfrankreichtour, werde ich mir überlegen, ob ich mich dort einmiete…. Vor allem der Kurven wegen natürlich :-p
Nicht viel später kam die Unterkunft Auberge La Grange. Genauso optimal gelegen. Keine Eselchen, kein Motorradhelm als Blickfang, doch wenn man sich gescheit benimmt, ist man glaube ich überall willkommen …auch als Motorradfahrer.
Ich kann natürlich nichts über die tatsächliche Qualität der beiden Häuser sagen, da ich sie mir nur vom Mopped aus angesehen habe. Doch sie sahen beide adrett und gut gepflegt aus…vielleicht findet man Bewertungen im Netz.
Und just als ich etwas fröstelnd am Zelt ankam, brach die Sonne durch und ergab bis circa 16.00 einen leicht bewölkten, aber durchaus sehr warmen Tag. Nun regnet es und kühlt hoffentlich bald ab… bei der schlechten Luft im Zelt fällt sogar das Lesen schwer ;-).



Dienstag 14. Juni 2016 – Kurven als Lückentext

Gestern war der Straßenverlauf so fantastisch, daß ich nochmal in die Region des Naturschutzareals wollte. Diesmal bin ich vom Zelt aus in den Westen des Gebiets gefahren…quasi die kürzeste Route zur Stadt Die. Winzige Landstraßen oder manchmal nur bessere geteerte Feldwege durch Wiesen und Täler. Der Asphalt ist auf solchen Wegen natürlich nicht so fabelhaft wie auf der gestrigen Tour – weg gebröckelte Ränder, Splitt und Schotter oder matschige Tracktorhinterlassenschaften. Zudem ist die Fahrbahnbreite eher einspurig, sodaß man insgesamt doch schon konzentrierter fahren muss. Die Aussichten sind dafür wundervoll. Kurz vor Die kam ich dann auf eine große Straße fand eine Tankstelle und einen Lidl-Supermarkt. Von dort aus fuhr ich wieder nach Osten, um tiefer in Wald und Gebirge vordringen zu können. Es folgten zweispurige Kurven, viele Haarnadelpassagen in Serpentinen und dazu passend immer majestätischeres Panorama auf den Rest der Welt. Als jedoch der Wald begann dichter zu werden, war es mit der traumhaften Sicht auf einen Schlag vorbei. Regen hatte es auch schon zuvor gegeben, doch der gab jetzt nochmal richtig Gas und holte sich dichten Nebel als Gesellen. Oh, wie sehr bereute ich meine Antibeschlagscheibe zuhause gelassen zu haben. An der Stelle wo sie an dem normalen Visier aneinander reibt, sind durch die Vibrationen bereits viele kleine Kratzer entstanden. Die Wettervorhersage hatte mir für Chabeuil zwei Wochen wärmsten Sommer prognostiziert, wodurch ich mich entschieden hatte die Pinlockscheibe rauszunehmen, um weniger Kratzer und somit bessere Sicht zu haben. Doch gerade vielen die Temperaturen rapide, sowohl Brille als auch Visier beschlugen schnell stark genug, um rein gar nichts mehr zu sehen. Ich versuchte verschiedenes aus, aber nichts half. Letzten Endes musste ich mit komplett geöffnetem Visier fahren. Fahrtwind, verblüffend kalter Regen und eine immer noch stark beschlagene Brille vermittelten nicht unbedingt das schönste Fahrgefühl. Das Foto zeigt wie wenig Sichtweite herrschte – an manchen Stellen war es auch noch schlimmer, dort wollte ich aber aus Sicherheitsgründen nicht für ein Foto rechts ranfahren, da noch andere unterwegs waren und mich vielleicht ungewollt die Klippen runtergeschubst hätten. Man bedenke: Das Bild der Kamera ist auch nicht durch meine beschlagene und beregnete Brille geschossen. Alles in allem war die Strecke also echt der Knaller, wenn man auf Kurven, Wald und Weitwinkelpanorama steht. Nur leider mußte ich den Verlauf jeder einzelnen Kurve in der zweiten Hälfte der Tour erraten. Da meine Sachen alle seit geraumer Zeit durchgeregnet waren, wollte ich jedoch auch nicht zu sehr das Tempo drosseln, sondern endlich aus diesem Wetter raus und noch ein paar schöne Schwünge genießen.
Gestern war es streckenweise ähnlich gewesen, als ich durch einen anderen Teil des Waldes fuhr. Daher mein Tipp an Euch: Egal wie schön der Sommer im Tal scheint, nehmt Euch warme, wetterfeste Sachen für die Strecke mit und lasst die Pinlockscheibe auf jeden Fall im Helm – dann ist das eine traumhafte Tagestour =).


Mittwoch 15. Juni 2016 -  „Freude, schöner Götterfunken…“

Heute wird alles wunderbar =) Ich konnte die ganze Nacht nicht mal 15 Minuten am Stück schlafen…vor Aufregung und wegen dem starken Unwetter, das über mein Zelt hineinbrach, und Schmerzen, und weil ich auf einmal ganz schnell los wollte, und und und. Ich trauere doch schon ziemlich diese wundervollen Kurvengebiete verlassen zu müssen, ohne sie an jedem Tag ordentlich genutzt zu haben. Aber egal - bald bin ich wieder daheim bei der Liebe meines Lebens =).
Am Vorabend hatte ich mir gedacht einfach nachts loszufahren, falls ich wieder durchweg wach läge. Doch je mehr sich der gestrige Tag zum Ende neigte, desto schlechtere Prognosen gab die Wetterfee in meinem Handy für die kommenden 24 Stunden. Die Regenwahrscheinlichkeit lag zuerst bei perfekten 20%... als nachts dann die Welt unterzugehen schien, schaute ich mir nochmal das Routenwetter an, was nun auf weiter Strecke 100% Regenwahrscheinlichkeit zeigte. Ich würde also auf jeden Fall bei Regen packen müssen. Das ist nicht schön, doch gerade am letzten Tag nicht dramatisch. Das Zelt könnte ich einfach nass zusammen rollen, da ich in der nächsten Nacht nicht mehr drin schlafen müsste. Und bei dem Rest des Gepäcks wäre es auch egal, ob es im Eilverfahren zusammengerafft würde, damit ich nicht unnötig lang im Regen brasseln müsste. Nun fragte ich mich, ob ich einfach um 3:00 Uhr nachts starten sollte, um früh zuhause zu sein, entschied mich aber dagegen. Ich hatte zehn, elf Stunden Regenfahrt vor mir und nichts wirklich Warmes zum Anziehen. Die ersten drei Stunden davon auch noch ohne jegliches Sonnenlicht zu fahren, würde bedeuten, daß ich schon nach einem Drittel der Strecke extrem durchgefroren wäre, und mich bis zuhause durchkämpfen müßte. Ich wollte noch bis 6:00 Uhr energiesparend im Schlafsack liegen bleiben, selbst wenn ich keinen Schlaf mehr fände. Doch um halb sechs schien der trommelnde Regen weniger zu werden. Würde sich gleich vielleicht eine Regenpause zum Lagerabbrechen anbieten? Ich schob mir schnell ein paar Kalorien rein, benutze das Sanitärhäuschen ein letztes mal und packte. Obwohl ich befürchten musste gleich wieder mehr Regen zu sehen, konnte ich nicht schnell im Chaosverfahren packen. Auch wenn es nur nach Hause geht, kann man immer noch in eine Situation kommen, in der man glücklich ist, von jedem einzelnen Teil im Gepäck zu wissen, wo man es genau findet. Außerdem bekomme ich Gänsehaut bei dem Gedanken, einen Unfall zu haben, der zur Folge hat, daß jemand anders mein Gepäck auspacken muss und sich denkt: „Meine Güte, was für ‚ne Chaostussi!“. Also zwei Gründe immer ganz akkurat zu packen. Um fünf nach sieben saß ich im Sattel, schaute mich nochmal um und fuhr so leise wie möglich vom Gelände. 
Was war ich in Hochstimmung! Die letzten Tage hatten abwechslungsreiche Strecken hergegeben, ich hatte ein zuverlässiges Gefährt unter meinem Hintern, in 10 Stunden wäre ich endlich wieder bei meinem Liebsten und die tolle Musik in meinen Ohren kam von einem Gerät, das genug Akkuleistung für den ganzen Tag hätte. Ich atmete auf, mich durchströmten Endorphine und ich wußte – heute wird ein toller Tag. Der stärker werdende Regen war mir egal. Ha! Schon eine halbe Stunde geschafft – wie schön! Die Stiefel, die vom Vortag nicht im mindesten getrocknet waren, konnten meine Stimmung ebenso wenig drücken. Supi, wieder zwei Stunden weiter! Und über die Tatsache beständig blauen Himmel in geringer Entfernung voraus zu sehen, scheinbar aber eine ergiebige, im gleichen Tempo mitreisende Privatwolke über mir zu haben, konnte ich nur schmunzeln. Bald wäre ich daheim. Wieder eine Mautstelle hinter mir gelassen…toll, alles läuft wie geschmiert…ich gebe Gas, da sich der Mautstelle eine Anhöhe anschließt und freue mich nicht zum ersten Mal über mein tolles Ross. Gerade wenn die BMW voll gepackt ist, liegt sie so schön stabil in der Spur. Wenn ich beschleunige stemmen sich die Reifen in den Asphalt und tun verläßlich ihren Dienst… schön ist das =). Ich schalte, drehe in froher Erwartung erneut am Gas und kkkraccckkkk….pengggg….Nein! Nicht jetzt! Nicht vier Stunden vor dem Abschluß einer Tour! Der Motor läuft noch, doch ich kann nur noch auf dem Seitenstreifen ausrollen lassen. Ich steige ab, gehe geneigten Blickes einmal um das Motorrad herum und da liegt die Kette gerissen neben dem Kollateralschaden, den sie bei ihrem Abgang verursacht hat. Das ist ein metallgewordenes Massaker. Am hinteren Kettenrad hängen überall Metallfetzen herab. Die Schwinge hat außen mehrere starke Kratzer oder besser gesagt Riefen…innen hingegen sieht sie sogar aus, als hätte jemand das Blatt einer Flex schnell verbrauchen wollen – auf mehreren Quadratzentimetern ist millimeterdick Material abgetragen. Ich könnte schreien…oder weinen…oder … lachen. Ja genau ich entscheide mich erstmal für lachen. Man sagt Komik ist Tragik plus Zeit. Ich bin für gewöhnlich darauf getrimmt alles sehr positiv zu sehen, weil dann vieles leichter fällt. Warum also viel Zeit verstreichen lassen bis ich drüber lachen kann, wie unwahrscheinlich doof das hier gelaufen ist? Mir kommen Melodie und Text von Beethovens 9. Sinfonie in den Kopf, weil mir Musik oft beim positiv denken hilft. Ich muss wieder schmunzeln. Ich rufe beim ADAC an, der mir erklärt, daß sie (laaange Erklärung) mich nicht heim bringen, ohne daß für mich große Kosten entstehen – trotz ADAC plus Mitgliedschaft – DANKE! So gehe ich also „Freude, schöner Gotterfunken“ summend Richtung Mautstelle, um die Lage dort zu checken. Derweil verschicke ich zwei Nachrichten mit Frustsmileys, da ich es echt ätzend finde, die Tour so beenden zu müssen – Schaden am Motorrad, erst nachts ankommen und so weiter. Als Michael anruft erkläre ich ihm die Möglichkeiten, die der ADAC mir erläutert hat und wir entscheiden uns dafür den Rücktransport lieber kostengünstig selbst zu machen. Michael machte sich so schnell wie möglich auf, um mich mit dem Hänger zu holen. Ich würde vier bis fünf Stunden rumsitzen und nichts sinnvolles zu meiner Ehrenrettung beitragen können. Nichts tun zu können ist für mich unerträglich… getrieben von diesem Gefühl kommt mir eine extrem dämliche Idee. Ich stiefele wieder die Anhöhe hinauf zum Motorrad und versuche es zu schieben. Bergauf ist schwierig, aber machbar. Das Schild gibt eine Ausfahrt in 1800 Metern an ...wenn ich bis dort käme, müsste Michael nicht weiter Richtung Süden fahren, um auf die zahlungspflichtige Autobahn zu kommen und dann zurück Richtung Norden zu mir. Also überlege ich, ob das sinnvoll ist und beginne zu schieben – bergauf, ein voll bepacktes Motorrad. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich froh gewesen ein Motorrad zu fahren, bei dem keine Last auf meinem Oberkörper liegt, da er vom Sturz doch recht beleidigt war…und jetzt musste ich alles geben, um vorwärts zu kommen. Ich freute mich, bei meiner Motorradwahl damals Wert auf geringes Gewicht gelegt zu haben und war gerade auch unheimlich begeistert von dem ansonsten so schrecklich winzigen Tank. Ich machte immer wieder Pausen, da ich vier Stunden Zeit hatte für die zwei Kilometer und es ohne auch nicht gegangen wäre. Nach ungefähr einem Kilometer hatte der Berg ein Ende. Ich schob noch ein Stück auf ebenem Gelände und konnte letztlich den nächsten Kilometer nicht ganz sehen, doch nach einem Stück bergab würde es wieder bergauf gehen und zwar steiler als gerade. Ich sah auch nichts was auf eine wirkliche Ausfahrt hindeutete. Ich bekam Zweifel, ob das alles so eine gute Idee sei und wollte die Landkarte rausholen, um das zu eruieren – wer A sagt muss auch B sagen… oder einsehen, daß A bereits falsch war. Noch bevor ich mir eine ehrliche Meinung zu diesem Thema bilden konnte, hielt ein Wagen der Streckenaufsicht an. Der Herr fragte mich, wo ich hin wolle und erklärte mir, in einem Kilometer gäbe es eine Abfahrt zur nächsten Autobahn, die nächste wirkliche Ausfahrt sei jedoch noch einige Kilometer weit entfernt – immer bergauf und bergab und schiebend definitiv nicht zu schaffen. Er bat mich auf dem Seitenstreifen zu wenden und zum Parkplatz der Mautstelle zurück zu schieben. Gesagt, geschnaubt, getan….erst das ebene Stück wieder zurück schieben, dann endlich aufsitzen und rollen lassen. Meine Herrn, war ich fertig als ich am Parkplatz an kam. Der nette Herr hatte mir gesagt, Michael solle einfach die Einbahnstraße verkehrt herum reinfahren…dann käme er zu dieser Stelle. Aber mal ganz ehrlich – selbst wenn das nicht funktioniert hätte: Was hat mich da geritten?! Ein Reisebike bergauf schieben, um vielleicht 5 Euro Maut zu sparen?! Ich ließ mich auf der Sitzgruppe in Duftrichtung des Raststättenklos nieder und musste feststellen, daß die Dächer darüber in zu großer Höhe angebracht waren, um auch nur einen Tropfen des Gewitters von mir abzuhalten, das nun über mir tobte. Durchgeschwitzt von meiner Nullnummer saß ich nun dort, fing ziemlich an zu frieren und hatte noch Stunden vor mir. In dieser Zeit durchlief einen sich stetig wiederholenden Zyklus aus Frustration über die Situation im Allgemeinen, Trauer um meine BMW im Speziellen, kopfschüttelndem Schmunzeln und erneute Fokussierung auf die schönen Dinge.
Letzter Stand von Michaels Navigationssytem war 18:10. Da er verwirrt klang, als ich ihm versuchte den Anfahrtsweg zu beschreiben, machte ich mich eine viertel Stunde vorher auf den Weg ihm entgegen zu gehen, damit er die richtige Landstraße nicht verpasste. Da ich durch Regen und Wind recht durchgefroren war, ging ich in voller Montur. Doch bereits nach wenigen Minuten wechselte das Wetter schlagartig. Der Regen blieb augenblicklich aus und die Sonne knallte, als sei sie den ganzen Tag mit nichts anderem beschäftigt gewesen. Ich hätte die nassen Sachen gerne ausgezogen, doch dann hätte ich sie tragen müssen. Also lief ich so weiter und wurde sehr schnell wieder durchwärmt. Was für eine Schande :-( eigentlich hatte ich geplant um 16:30 anzukommen, mich zu duschen und aufzuhübschen, um Michael dann angemessen begrüßen zu können, wenn er heim käme. Stattdessen mußte er fünf Stunden fahren, ohne vorher zu Mittag gegessen zu haben, um mich dann dreckig und nass zu empfangen…die arme Socke! Aber da machste nix. Wir fuhren zum Parkplatz, luden auf und steuerten gen Heimat. Das Auto meldete immer wieder ein Ausfallen der Anhängerbeleuchtung und wir entschieden die ganze Chose irgendwo stehen zu lassen, sobald die Sonne unterginge, um unser “Glück“ nicht beim Fahren eines unbeleuchteten Hängers bei Nacht herauszufordern. Ich hätte ihn dann früh morgens geholt, da der Anhänger bereits am nächsten Tag mit einem anderen Motorrad auf Reise gehen sollte. Doch wir bekamen das Problem des angeschmolzenen Steckers mit einem erneuten Frickeleinsatz in den Griff und kamen um 23:30 gut zuhause an. Duschen und dann endlich wieder in einem rückenfreundlichen Bett schlafen. Was für ein Ritt :D
In den nächsten Tagen werde ich hier noch Fotos von der Tour reinstellen und die ein oder andere Information ergänzen.





3 Kommentare:

  1. Ich freu mich sehr, das du gefahren bist und diese Zeit für dich nutzen kannst. Versuch die Zeit zu genießen. Gruß Marc

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  2. Hallo meine Liebe! Verfolge Deinen Blogg, find ich immer lustig, als wäre man mit dabei :-) Dann erst mal liebe Grüße Juliane

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  3. Danke, danke. Die folgenden Eintrage werden glücklicherweise ein wenig schöner und am Ende vor allem spannend! Viel Freude beim Lesen

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Elegante Schönheit

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